01Grundlagenwissen zum Mindestlohn
Alle Arbeitnehmer:innen in Deutschland sollen mindestens 12,00 € pro Stunde verdienen, um sich die Lebenshaltungskosten leisten zu können und um zu vermeiden, dass es weiterhin zu ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen kommt. Doch was genau steckt hinter dem Wort „Mindestlohn“? Wo wird er geregelt und von wem? Wie hat er sich seit der Einführung im Jahr 2015 entwickelt? Das erfährst du in diesem Kapitel.
Definition & Grundlagen
Was ist der gesetzliche Mindestlohn?
Der Mindestlohn ist die in Deutschland gesetzlich vorgeschriebene Lohnuntergrenze für Arbeitnehmer:innen und beträgt seit dem 1. Januar 2022 9,82 Euro brutto pro Stunde. Er gilt für alle Beschäftigten außer Pflichtpraktikant:innen, Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung, Auszubildende, ehrenamtlich tätige Mitarbeiter:innen, Langzeitarbeitslose, Freiberufler:innen und Selbstständige. Bei Tarifverträgen oder mit Blick auf bestimmte Branchenmindestlöhne ergeben sich Ausnahmen. Grundsätzlich müssen sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht darum bemühen, den Mindestlohn ausgezahlt zu bekommen – darauf haben Arbeitgeber:innen zu achten.
Wer profitiert vom Mindestlohn?
Vom Mindestlohn profitieren vor allem die Beschäftigten im Mindestlohnsektor, da dieser eine feste Lohnuntergrenze vorschreibt, die nicht unterschritten werden darf. Etwa zwei Drittel der Personen, die aktuell Mindestlohn beziehen, sind Frauen, weil sie häufiger im Niedriglohnsektor arbeiten. Zu beachten ist jedoch, dass der Mindestlohn nur denjenigen zugutekommt, die in einem Betrieb ohne Tarifvertrag angestellt sind (ansonsten ist der Tarif maßgebend). Durch die aktuell beschlossene Anhebung des Mindestlohns steigt die gesamte Wirtschaftsleistung und auch der Staat nimmt mehr Geld ein.
Wie viele Menschen sind in Deutschland vom Mindestlohn betroffen?
Laut dem Statistischem Bundesamt waren 1.421.000 Jobs im Jahr 2019 vom gesetzlichen Mindestlohn betroffen. Das sind 3,5 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse. 807.000 Betroffene waren Frauen.
Was ist das Mindestlohngesetz (MiLoG) und wie ist der Mindestlohn darin geregelt?
Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland ist im Mindestlohngesetz (MiLoG) geregelt. Das Mindestlohngesetz trat am 11. August 2014 als Teil eines Tarifautonomiestärkungsgesetzes in Kraft, mit Wirkung ab dem 01.01.2015. Das Bundesamt für Justiz stellt es unter gesetze-im-internet.de zur Verfügung. Die Dritte Mindestlohnanpassungsverordnung (MiLoV3) sieht die Anpassung des Mindestlohns 2022 in drei Schritten und hoch auf 12,00 € vor.
Ist der Mindestlohn in Ost und West identisch?
Der gesetzliche Mindestlohn ist in Ostdeutschland genauso hoch wie in Westdeutschland, weil er allgemein und flächendeckend ist. In allen Bundesländern gilt somit dieselbe Lohnuntergrenze. Nur bei Branchenmindestlöhnen kann es – abhängig vom jeweiligen Tarifvertrag – zu Lohnunterschieden zwischen West und Ost kommen.
Das Bundesland Bremen hat im April 2021 eine Sonderregelung eingeführt: Hier gilt ein neuer Landesmindestlohn in Höhe von 12 Euro für Beschäftigte von öffentlichen Unternehmen und Einrichtungen. Ferner gilt diese Lohnuntergrenze für Beschäftigte von Zuwendungsempfängern in Kultur- oder Jugendeinrichtungen, für studentische Hilfskräfte sowie Mitarbeiter:innen von Einrichtungen, die Entgeltvereinbarungen gemäß Sozialrecht abschließen und für Menschen auf dem sozialen Arbeitsmarkt. Falls du in Bremen wohnst und in einem der betreffenden Sektoren arbeitest, wirst du den Mindestlohn so oder so erhalten.
Geschichte & Verantwortliche
Ist der Mindestlohn in Ost und West identisch?
Der gesetzliche Mindestlohn wurde 2015 als unterste Lohngrenze für Arbeitnehmer:innen eingeführt. Eine Übersicht über die historische Entwicklung zeigt die verbindliche Mindestlohntabelle (weiter unten).
Wer hat den Mindestlohn eingeführt?
Die SPD-Bundestagsfraktion hat gemeinsam mit den Gewerkschaften viele Jahre dafür gekämpft, dass in Deutschland ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde eingeführt wird. Diese zentrale Forderung wurde erfolgreich in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt.
Die Große Koalition führte dann mit dem so genannten Tarifpaket den Mindestlohn in Deutschland ein. Genauer beschloss der Deutsche Bundestagam 3. Juli 2014 das Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifpaket), das dann zur finalen Umsetzung des Mindestlohns ab 2015 führte.
Die Bundesrepublik Deutschland hatte damit zum ersten Mal seit ihrem Bestehen einen allgemeingültigen Mindestlohn. Er setzt eine feste Grenze, die in Zukunft nicht mehr unterschritten werden darf und schützt Beschäftigte im Niedriglohnsektor vor Dumpinglöhnen.
Wer hat den Mindestlohn eingeführt?
Der gesetzliche Mindestlohn wird von der unabhängigen Mindestlohnkommission festgelegt. Diese prüft, welcher Mindestlohn einen angemessenen Mindestschutz für die Beschäftigten bietet, faire Wettbewerbsbedingungen ermöglicht und die Beschäftigung nicht gefährdet. Die von der Kommission vorgeschlagenen Änderungen werden von der Bundesregierung per Rechtsverordnung / Gesetzesanpassung umgesetzt.
Wer sitzt in der Mindestlohnkommission?
Der Mindestlohnkommission sollen stets sechs stimmberechtigte Mitglieder angehören: je drei Vertreter:innen auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite. Diese Vertreter:innen schlagen jeweils eine:n Wissenschaftler:in als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht vor. Außerdem benennen die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmerseite gemeinsam eine:n Vorsitzende:n.
Anhebung des Mindestlohns
Mindestlohntabelle – Wie hat sich der Mindestlohn seit 2015 entwickelt?
Im Vergleich zur Einführung im Jahr 2015 (8,50 Euro) wird der gesetzliche Mindestlohn bis zum 2. Halbjahr 2022 um 22,9 Prozent (12,00 €) gestiegen sein. Die genaue Entwicklung des Mindestlohns über die Jahre ist in der verbindlichen Mindestlohntabelle ersichtlich, die wir grafisch für dich aufbereitet haben.
Warum steigt der Mindestlohn?
Die deutsche Bundesregierung will mit dem gesetzlichen Mindestlohn für mehr Stabilität im sozialen Sicherungssystem sorgen und gleichzeitig Arbeitnehmer:innen vor zu niedrigen Löhnen und Verarmung schützen. Da aktuell die Inflationsrate und die Ausgaben für das tägliche Leben wie Lebensmittel-, Benzinpreise, Heizkosten, etc. steigen, müssen auch die Untergrenzen für Arbeitsentgelte angepasst werden.
Wie hoch wird der Mindestlohn 2022 werden?
Im Jahr 2022 wird der gesetzliche Mindestlohn schrittweise angehoben.
- Ab 01.01.2022 bis 30.06.2022 = 9,82 € / Stunde
- Ab 01.07.2022 bis 30.09.2022 = 10,45 € / Stunde
- Ab 01.10.2022 = 12,00 €
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat diese Empfehlung der Mindestlohnkommission bereits dem Bundeskabinett zur Zustimmung vorgelegt und die Zustimmung ist erfolgt.
Wie oft wird der Mindestlohn allgemein erhöht?
Nach dem Mindestlohngesetzt (MiLoG) muss der gesetzliche Mindestlohn alle zwei Jahre angepasst werden. Die Höhe der Anpassung wird von der Mindestlohnkommission geprüft. Die Anpassungsentscheidungen der Mindestlohnkommission betreffen nur den gesetzlichen Mindestlohn, nicht eventuelle Branchenmindestlöhne, die von Gewerkschaften und Arbeitgeber:innen ausgehandelt werden.
Gibt es schon Pläne für die nächste Erhöhung?
Bisher ist zu einer weiteren Erhöhung nach dem 01.10.2022 noch nichts bekannt.
02Informationen zum Mindestlohn für Arbeitnehmer:innen
Der Mindestlohn gehört mit zu den am klarsten geregelten Vorschriften in Deutschland und soll faire Löhne auch im Niedriglohnsektor ermöglichen. Doch wird er tatsächlich allen Beschäftigten bezahlt oder gibt es Ausnahmen? Was ist bei Tarifverträgen oder bei Minijobs und Midijobs zu beachten? Und was kannst du tun, wenn dir der Mindestlohn trotz Vorschrift nicht bezahlt wird? Das erfährst du in diesem Kapitel.
Empfangsberechtigte Arbeitnehmer:innen
Wo wird der Mindestlohn gezahlt?
Der gesetzliche Mindestlohn wird in ganz Deutschland – bis auf wenige Ausnahmen – allen Beschäftigten gleichermaßen bezahlt.
Für wen gilt der Mindestlohn?
Jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin hat grundsätzlich Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Jedoch gibt es einige ausgenommene Gruppen:
Für wen gilt der Mindestlohnt nicht?
Folgende Personengruppen sind vom Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen:
- Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Ausbildung (bei abgeschlossener Ausbildung trifft Mindestlohn zu)
- ehrenamtlich Tätige und Personen im Freiwilligendienst
- Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz
- Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung
- Praktikant:innen, die ein Praktikum im Sinne des MiLoG absolvieren
- Teilnehmer:innen an einer Maßnahme der Arbeitsförderung
- Heimarbeiter:innen nach dem Heimarbeitsgesetz
- Selbstständige und Freiberufler:innen
- Strafgefangene
Mindestlohn bei Tarifverträgen
Auch bei Tarifverträgen gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht. Was du dahingehend beachten und wissen solltest, erfährst du nachfolgend.
Was ist ein tariflicher Mindestlohn?
In vielen Branchen wird durch einen Tarifvertrag ein individueller Mindestlohn festgelegt, der sich deutlich vom gesetzlichen Standard unterscheiden kann. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, den im geltenden Tarifvertrag vereinbarten Lohn allen Arbeitnehmer:innen des Unternehmens beziehungsweise der jeweiligen Branche zu bezahlen und dieser darf keinesfalls geringer ausfallen als die gesetzlich vorgeschriebene Lohnuntergrenze. Wie hoch ein tariflicher Mindestlohn ist, entscheidet sich in Verhandlungen zwischen Arbeitgeber:innen / Arbeitgeberverbänden auf der Arbeitgeberseite sowie zuständigen Gewerkschaften, die die Arbeitnehmerseite vertreten.
Wirkt sich ein allgemein höherer Mindestlohn automatisch auch auf Tarifverträge aus?
Der gesetzliche Mindestlohn und eventuelle tarifliche Mindestlöhne haben nichts miteinander zu tun und funktionieren daher auch unabhängig voneinander. Wenn der gesetzliche Mindestlohn steigt, bedeutet das nicht, dass auch tarifliche Mindestlöhne automatisch im Verhältnis ansteigen.
Bis einschließlich 2016 konnte es sogar passieren, dass der gesetzliche Mindestlohn höher als manche tarifliche Mindestlöhne war, doch das hat man geändert. Seit 2017 muss ein tariflicher Mindestlohn mindestens die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns umfassen oder höher sein. In der Hinsicht kann also eine Ausnahme bestehen, dass der zu niedrige tarifliche Mindestlohn angehoben werden muss. Das ist aber streng genommen immer noch eine Sache von Verhandlungen und keine direkte Wechselwirkung zwischen Gesetz und Tarifbezahlung.
Verdrängt die aktuelle Mindestlohnerhöhung Tarifverträge?
Grundsätzlich kommt es mit einer Mindestlohnanpassung nicht zu einer Verdrängung von Tarifverträgen, sondern vielmehr zu einer Aufwertung von manchen unterbezahlten Tarifbranchen. Zudem sind lediglich die Hälfte aller Arbeitnehmer:innen in einem tarifgebundenen Unternehmen beschäftigt und die meisten Tarifvereinbarungen übertreffen den gesetzlichen Mindestlohn sogar. Somit dürfte es nicht dazu kommen, dass die aktuelle Mindestlohnerhöhung Tarifverträge gefährdet oder verdrängt.
Wirkt sich die Mindestlohnerhöhung auf 12 € negativ auf die Tarifautonomie aus?
Kritiker:innen stellen den Vorwurf in den Raum, dass sich der Mindestlohn negativ auf die Tarifautonomie auswirken würde. Allerdings ist es so, dass sich die Mindestlohnerhöhung und Tarifautonomie grundsätzlich nicht widersprechen und dass eine vollständige Tarifautonomie in vielen Branchen auch gar nicht mehr funktioniert. Nur noch jede:r zweite Arbeitnehmer:in ist in einem Unternehmen mit Tarifvertrag beschäftigt. Daher kann in vielen Niedriglohnbranchen eine Erhöhung helfen, dem voranschreitenden Fachkräfte- und Personalmangel entgegenzuwirken und das Tarifniveau wieder aufzuwerten, um Tarifverträge sogar attraktiver zu machen.
Mindestlöhne in bestimmten Branchen (Branchenmindestlöhne)
Bei den tariflichen Mindestlöhnen reden wir automatisch von Branchenmindestlöhnen – aber wie sieht es in einzelnen Branchen nun genau aus? Alle relevanten Fragen und Antworten dazu findest du nachstehend.
In welchen Branchen gelten sogenannte Branchenmindestlöhne?
Seit dem 01.01.2022 beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn 9,82 Euro brutto und gilt, bis auf wenige Ausnahmen, für Arbeitnehmende ab 18 Jahren. Doch es gibt Branchenmindestlöhne, die vom gesetzlichen Mindestlohn abweichen und diesen übersteigen. Sie beruhen auf den im vorigen Kapitel bereits behandelten Tarifverträgen, die Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften miteinander ausgehandelt haben.
Mit einer Besonderheit: Auf der Basis des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) diese allgemeingültig gemacht. So haben nicht nur tarifgebundene Arbeitnehmer:innen in den betroffenen Branchen einen Anspruch auf den Branchenmindestlohn, sondern alle Beschäftigten in diesem Sektor. Das bedeutet, dass du im Zweifel mehr pro Stunde bezahlt bekommst als der gesetzliche Mindestlohn vorsieht, obwohl du keinen Tarifvertrag hast.
Für alle Arbeitnehmer:innen aus folgenden Branchen gelten Branchenmindestlöhne:
- Abfallwirtschaft
- Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen
- Baugewerbe, Dachdeckerhandwerk
- Elektrohandwerk
- Fleischwirtschaft
- Gebäudereinigung
- Geld- und Wertdienste
- Gerüstbauerhandwerk
- Land- und Forstwirtschaft
- Pflegebranche
- Maler- und Lackiererhandwerk
- Schornsteinfegerhandwerk
- Steinmetz- und Steinhauerhandwerk
- Textil- und Bekleidungsindustrie
- Zeit- und Leiharbeit.
Auch wenn ihr Arbeitgeber:innen im Ausland ansässig sind, bekommen in Deutschland arbeitende Beschäftigte grundsätzlich den Branchenmindestlohn.
Wie hoch ist der Mindestlohn im Bauhauptgewerbe?
Es gibt im Bauwesen bzw. Bauhauptgewerbe einen Branchenmindestlohn für die sogenannte Lohngruppe 1. Sie umfasst Werker:innenbeziehungsweise Hilfsarbeiter:innen am Bau. Der Branchenmindestlohn beträgt seit dem 1. Januar 2021 bundesweit 12,85 Euro pro Stunde. Für die Lohngruppe 2, bestehend aus Fachwerker:innen und Facharbeiter:innen am Bau, beträgt der Branchenmindestlohn 15,55 Euro pro Stunde. Diesen Branchenmindestlohn gibt es jedoch nur in den westdeutschen Bundesländern und in Berlin.
Wie hoch ist der Mindestlohn in der Gastronomie?
Ob Koch oder Köchin, Küchenhilfe oder Kellner:in – in der Gastronomie gibt es keinen branchenspezifischen Mindestlohn. Das heißt, es greift hier der gesetzliche Mindestlohn von derzeit 9,82 Euro brutto pro Zeitstunde. Bis auf wenige Ausnahmen müssen Betriebe wie Gaststätten, Restaurants, Bars und Hotels ihren Mitarbeiter:innen den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn zahlen.
Wie hoch ist der Mindestlohn in der Pflege?
Der Branchenmindestlohn in der Pflegebranche unterscheidet sich grundsätzlich nach Tätigkeit beziehungsweise Ausbildung:
Der Pflegemindestlohn für Pflegefachkräfte wird bundesweit von derzeit 15,00 Euro ab dem 1. April 2022 auf 15,40 Euro angehoben und ab dem 1. September 2022 auf 17,10 Euro in der Stunde erhöht. Ab dem 1. Mai 2023 soll er dann auf 17,65 Euro weiter steigen und ab dem 1. Dezember 2023 schließlich 18,25 Euro erreichen.
Für qualifizierte Hilfskräfte, also Pflegekräfte mit mindestens einjähriger Ausbildung, steigt der Pflegemindestlohn in ganz Deutschland von derzeit 12,50 Euro zunächst zum 01.04.2022 auf 13,20 Euro und ab 1. September 2022 auf 14,60 Euro. Dann ab dem 1.05.2023 soll er auf 14,90 Euro angehoben werden und schließlich ab dem 1. Dezember 2023 auf 15,25 Euro.
Für Pflegekräfte ohne Ausbildung, also ungelernte Pflegehilfskräfte, wird der bundesweite Pflegemindestlohn von derzeit 12,00 Euro bis zum 1. April auf 12,55 Euro angehoben. Ab dem 1. September 2022 steigt er weiter auf 13,70 Euro, ab 1. Mai 2023 auf 13,90 Euro und ab 1. Dezember 2023 auf 14,15 Euro.
Wie hoch ist der Mindestlohn bei Reinigungskräften?
Je nach Lohngruppe steigt der branchenspezifische Mindestlohn bundesweit im Gebäudereiniger-Handwerk. Zum Jahresbeginn 2022 beträgt der Branchenmindestlohn 11,55 Euro für die Lohngruppe 1 und soll ab Januar 2023 dann 12,00 Euro in der Stunde betragen. Zur Lohngruppe 1 zählen sogenannte Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten – dies betrifft vor allem das Reinigen, Pflegen sowie die schützende Behandlung von Innenbauteilen an Bauwerken aller Art und Verkehrsmitteln.
Wie hoch ist der Mindestlohn im Einzelhandel?
Im Einzelhandel gilt, bis auf wenige Ausnahmen, für alle Arbeitnehmer:innen der gesetzliche Mindestlohn. Einen Branchenmindestlohn gibt es hier nicht.
Gibt es auch Branchen, die allgemein vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen sind?
Nein. Entweder es gibt in einer Branche einen (tariflichen) Branchenmindestlohn oder es gilt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn. Es gibt keine Branche, die nichts von beidem hat.
Mindestlohn bei Minijobs & Aushilfsjobs
Vorallem im Niedriglohnsektor, also bei Minijobs und Midijobs, soll derMindestlohn Veränderungen bringen. Durch die Bezahlung nach Standardsatz wirdgenau geregelt, wie viele Stunden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pro Monatarbeiten dürfen.
Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn bei Minijobs und Midijobs?
Geringfügige Beschäftigungen, sogenannte Minijobs, sind derzeit (Stand Januar 2022) auf ein monatliches Arbeitsentgelt von 450 Euro beschränkt. Ein Midijob ist wiederum auf höchstens 1.300 Euro Monatsverdienst beschränkt. Anhand der Bezahlung entscheidet sich auch, wie viele Stunden du höchstens arbeiten darfst.
Wie viele Stunden darf ich bei einem Minijob oder Midijob höchstens arbeiten?
Da der gesetzliche Mindestlohn derzeit 9,82 Euro beträgt, darf man bei 450 Euro Monatseinkommen in einem Minijob höchstens 45,82 Stunden arbeiten. Würdest du mehr arbeiten, dann würde dein:e Arbeitgeber:in gegen das Mindestlohngesetz verstoßen. Würdest du weniger arbeiten, erhältst du pro Stunde mehr als Mindestlohn. Wenn der Mindestlohn weiter steigt, verringern sich die entsprechenden Arbeitsstunden bei dem gleichen 450-Euro-Einkommen. (Geplantermaßen soll die Entlohnung bei Minijobs auf 520 Euro angehoben werden – zusammen mit der Mindestlohnerhöhung müssten Minijobbende dann nur noch 43,33 Stunden arbeiten.)
Die maximale Stundenzahl, die du bei einem Midijob arbeiten darfst, kann nicht genau festgehalten werden, da das Gehalt bis hin zu 1.300 Euro individuell vereinbart wird. Solltest du aber die 1.300 Euro erhalten, dann dürftest du beim aktuellen Mindestlohn von 9,82 Euro maximal 132,38 Stunden arbeiten.
Wie sieht es bei einem Minijob mit der Rentenversicherung aus?
Minijobs auf 450-Euro-Basis unterliegen immer der Rentenversicherungspflicht. Das ist unabhängig vom Mindestlohn.
Was ist der Mindestlohn bei Zeitarbeit und / oder Leiharbeit?
Der Mindestlohn in der Zeitarbeit liegt seit dem 01.04.2022 bei 10,88 Euro und damit etwas über dem gesetzlichen Mindestlohn, der ab dem 01.07.2022 gelten soll. In der „Vierten Verordnung über eine Lohnuntergrenze“ in der Arbeitnehmerüberlassung wurde festgelegt, dass ein Mindestlohn in der Leiharbeit beziehungsweise Zeitarbeitsbranche zulässig ist und zudem jährlich angepasst werden muss.
Berechnung des Mindestlohns
Wie berechne ich mein monatliches Gehalt gemäß des Mindestlohns? Hierfür gibt’s bestimmte Formeln zum Selbstausrechnen, wobei alles auf dem sogenannten „verstetigten Monatsgehalt“ aufbaut. Wenn du nicht selbst rechnen willst, kannst du auch den Mindestlohnrechner des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verwenden.
Zuerst einmal: Was ist ein „verstetigtes Monatsgehalt“?
In einem Arbeitsvertrag werden in der Regel ein verstetigter Monatslohn und die Wochenarbeitszeit vereinbart. Das bedeutet, dass jeden Monat das gleiche Gehalt gezahlt wird, unabhängig davon, ob die Monate unterschiedlich viele Werktage haben. Es handelt sich also um einen fixen Monatslohn, der aufgrund einer angenommenen Arbeitsstundenzahl berechnet wird. Wird kein verstetigtes Monatsgehalt vereinbart, so muss der gesetzliche Mindestlohn für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden als Lohn ausbezahlt werden.
Wie berechne ich mein Monatsgehalt?
VOLLZEIT / TEILZEIT
Zur Berechnung des Bruttomonatsgehalts aus dem Stundenlohn – egal, ob Vollzeit oder Teilzeit – verwendet man folgendes Modell: Monatslohn = Stundenlohn × (wöchentliche Arbeitsstunden) × 13 ÷ 3.Es können grundsätzlich noch Einmal- und Sonderzahlungen sowie Zuschläge und Überstunden hinzukommen. Die „13 durch 3“ beruht darauf, dass ein Monat durchschnittlich 4,33 Wochen und daher 173,33 Arbeitsstunden hat. Das minimale Arbeitseinkommen gemäß Mindestlohn lautet bei einer 40-Stunden-Woche also 1.702,10 Euro. Wenn der Mindestlohn ab 01.10.2022 auf 12 Euro pro Stunde ansteigt, werden alle, auf die der Mindestlohn zutrifft und die 40 Stunden pro Woche arbeiten, mindestens 2.079,96 Euro verdienen.
Bei Teilzeit basiert alles auf 20 statt 40 Stunden: Du nimmst von den 173,33 Monatsstunden also nur 50 %. Der Mindestlohn pro Monat bei einem 20-Stunden-Teilzeitjob umfasst also 851,05 Euro.
Normalerweise brauchst du keinerlei Monatsgehalt zu berechnen, da dieses in deinem Vertrag steht. Die Formel dient aber dazu, zu überprüfen, ob alles dem Mindestlohn entspricht.
Abzüge & Steuern beim Mindestlohn
Was sich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fragen: „Was bleibt von meinem Mindestlohn eigentlich nach Abzügen und Steuern übrig?“ Dieser Frage gehen wir in diesem Kapitel auf den Grund.
Ist der Mindestlohn brutto?
Bei dem Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttolohn, der als Geldleistung zu berechnen und vom Arbeitgeber auszuzahlen ist.
Welche Abzüge gibt’s beim Mindestlohn?
Vom Mindestlohn werden die Beiträge für die Kranken-, Pflege-, Renten- und die Arbeitslosenversicherung abgezogen. Außerdem kommt die Lohnsteuer, abhängig von der jeweiligen Steuerklasse, hinzu, sowie gegebenenfalls zusätzlich Kirchensteuer. Eine Ausnahme bilden Minijobs auf 450-Euro-Basis, da es bei diesen in der Regel keine Abzüge für Arbeitnehmer:innen gibt.
Wie wird der Mindestlohn versteuert?
Bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung des Arbeitnehmers werden die Abzüge nach Lohnsteuertabelle und Steuerklasse einbehalten. Du bekommst einfach den Nettolohn nach allen Abzügen ausgezahlt.
Wie hoch ist der Mindestlohn netto?
Bei Minijobs ist der Mindestlohn netto wie brutto. Wie hoch das Nettoeinkommen ansonsten mit dem gesetzlichen Mindestlohn ausfällt, hängt von den genauen Abzügen und insbesondere von der Lohnsteuer ab und ist daher sehr individuell. Mit einem Brutto-Netto-Rechner kannst du es online kostenlos ausrechnen.
Abzüge & Steuern beim Mindestlohn
Wie wird der Mindestlohn versteuert?
Den gesetzlichen Mindestlohn müssen alle Beschäftigten erhalten. Halten sich Vorgesetzte nicht an diese Regelung, begehen sie eine Ordnungswidrigkeit, was hohe Bußgelder nach sich ziehen kann.
Es bestehen folgende Möglichkeiten, in einem solchen Fall vorzugehen:
Zunächst empfiehlt es sich, die Arbeitszeiten und Gehaltsabrechnungen genau zu dokumentieren, um zu belegen, dass die Lohnuntergrenze unterschritten wurde. Eine Beschwerde beim Betriebsrat (sofern vorhanden) kann ebenfalls helfen.
Ansonsten gibt es die Mindestlohn-Hotline des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Unter der Telefonnummer 030 6028 0028 steht das Bürgertelefon von Montag bis Donnerstag zwischen 8:00 Uhr und 20:00 Uhr für alle Fragen zum Thema Mindestlohn zur Verfügung. Zudem können hier anonym Unternehmen gemeldet werden, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben. Aufgrund der Anonymität brauchst du keine Bedenken zu haben, dass jemand herausfindet, dass du das Unternehmen gemeldet hast.
Desweitern kann der Verstoß direkt beim Zoll gemeldet werden. Dieser überprüft die Meldung und leitet, wenn erforderlich, die nötigen Schritte ein. Auch ein Anwalt oder eine Anwältin für Arbeitsrecht kann beauftragt werden, um vor Gericht den Mindestlohn einzuklagen. Dabei kann sogar drei Jahre rückwirkend geklagt werden.
Wo erhalte ich Informationen und Hilfe?
Auch hier soll die Mindestlohn-Hotline des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales nochmals erwähnt sein. Sie gibt allen Bürger:innen, Arbeitnehmer:innen sowie den Unternehmen Auskunft zu allen Fragen zum Thema Mindestlohn. Unter der Telefonnummer 030 6028 0028 ist das Bürgertelefon von Montag bis Donnerstag zwischen 8:00 Uhr und 20:00 Uhr erreichbar. Via E-Mail können Fragen rund um den Mindestlohn an info@bmas.bund.de gestellt werden.
03Informationen zum Mindestlohn für Schüler:innen, Praktikant:innen und Auszubildende
Schüler:innen, Praktikant:innen und Auszubildende erhalten per Gesetz keinen Mindestlohn. Es gelten aber andere Vorschriften, die ebenfalls eine Art Mindesteinkommen und / oder die Art der Arbeit vorschreiben. Dazu mehr in diesem Kapitel.
Was ist der Mindestlohn für Schülerinnen und Schüler, z.B. bei Ferienjobs?
Für Minderjährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung gilt der gesetzliche Mindestlohn nicht. Kinder ab 13 und bis 18 Jahren sowie der Vollzeitschulpflicht unterliegende Jugendliche dürfen nur mit Einwilligung der Eltern stundenweise beschäftigt werden. Diese Beschäftigung muss allerdings leicht und für Kinder sowie Jugendliche geeignet sein. Es gelten stets die Jugendarbeitsschutzvorschriften.
Was ist der Mindestlohn für Auszubildende?
Auszubildenden muss nach dem MiLoG kein gesetzlicher Mindestlohn gezahlt werden. Allerdings gibt’s für sie die sogenannte Mindestausbildungsvergütung. Alle Auszubildenden müssen seit dem 01.01.2022 mindestens 585 Euro (1. Lehrjahr), 690,30 Euro (2. Lehrjahr), 789,75 Euro (drittes Lehrjahr) oder 819,00 Euro (4. Lehrjahr) pro Monat erhalten. Die Mindestausbildungsvergütung für Azubis wird im Jahr 2023 erneut angepasst. Je nach Branche, Lohntarifvertrag und Unternehmen kann die Ausbildungsvergütung auch (deutlich) über der Mindestausbildungsvergütung liegen.
Habe ich bei einem Praktikum auch Anspruch auf Mindestlohn?
Praktikanten, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten zu erwerben oder Erfahrungen zu sammeln, erhalten den Mindestlohn. Denn in diesem Fall handelt es sich nicht um eine Berufsausbildung gemäß Berufsbildungsgesetzes (BBiG).
Praktikant:innen, die ein Praktikum nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1–4 des MiLoG absolvieren, haben allerdings keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Konkret sind dies die folgenden Fälle:
- Pflichtpraktikum: Hierbei handelt es sich um ein Praktikum aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie.
- Orientierungspraktikum: Hier geht es um ein Praktikum von bis zu 3 Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums.
- Freiwilliges, ausbildungsbegleitendes Praktikum: Das Praktikum wird bis zu 3 Monate begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung absolviert – wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Auszubildenden bestanden hat.
- Qualifizierungspraktikum: Hierbei handelt es sich um ein Praktikum zur Teilnahme an einer Einstiegsqualifizierung bzw. Berufsausbildungsvorbereitung.
Ein Praktikum muss grundsätzlich nicht vergütet werden, wobei sich viele Unternehmen aber dennoch dafür entscheiden.
04Informationen zum Mindestlohn für Arbeitgeber:innen und Unternehmen
Indiesem Kapitel erfahren Sie, was Sie als Arbeitgeber:in oder Unternehmen zum Thema Mindestlohn beachten müssen.
Wem muss ich Mindestlohn zahlen und wem nicht?
Keinen Anspruch auf Mindestlohn haben folgende Gruppen: Pflichtpraktikant:innen, Freiberufler:innen, Auszubildende, Selbstständige, Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Ausbildung, ehrenamtlich tätige Mitarbeiter:innen sowie Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung.
Alle anderen müssen den Mindestlohn oder Branchenmindestlohn gemäß Tarif erhalten. Für Auszubildende gilt abseits von Branchenmindestlöhnen außerdem die Mindestausbildungsvergütung von 585 Euro (1. Lehrjahr), 690,30 Euro (2. Lehrjahr), 789,75 Euro (drittes Lehrjahr) oder 819,00 Euro (4. Lehrjahr) pro Monat. Wer kontrolliert, dass ich den Mindestlohn bezahle?
Die Kontrolle liegt bei den Behörden der Zollverwaltung, genauer der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Mindestlohnverstöße können mit einer Geldbuße bis zu 500.000 Euro sanktioniert werden.
Was ist, wenn meine Firma im Ausland sitzt oder wenn ich (vorübergehend) ausländische Hilfskräfte beschäftige?
Grundsätzlich erhalten alle Menschen den Mindestlohn (sofern kategorisch zutreffend), die in Deutschland arbeiten. Ob sie vorübergehend oder dauerhaft arbeiten, spielt keine Rolle. Ebenso spielt es keine Rolle, ob das Unternehmen in Deutschland oder im Ausland sitzt. Selbst, wenn ein ausländisches Unternehmen ausländische Mitarbeitende in Deutschland arbeiten lässt, fällt der Mindestlohn an.
Was ist, wenn Beschäftigte (vorübergehend) im Ausland arbeiten?
Die Zahlungsverpflichtung des Mindestlohns ist auf eine deutsche inländische Beschäftigung beschränkt. Was deutsche Mitarbeitende im Ausland betrifft, gelten die gleichen Regelungen wie für ausländische Mitarbeitende in Deutschland: Sie erhalten den Mindestlohn des Einsatzlandes. Auch in anderen Ländern gelten Mindestlöhne und sofern Sie jemanden ins Ausland entsenden, muss für die Zeit der dortigen Arbeit der dortige Mindestlohn gezahlt werden. Sofern in dem Land ein niedrigerer Mindestlohn als in Deutschland gilt, greift die Regelung trotzdem.
Was ist die Dokumentationspflicht und für welche Unternehmen gilt sie?
Seit dem 1. Januar 2022 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 9,82 Euro pro Stunde. Um sicherzustellen, dass dieser für jede einzelne Arbeitsstunde ausgezahlt wird, besteht in bestimmten Branchen die sogenannte Dokumentationspflicht. Arbeitgeber:innen müssen die Arbeitszeiten genau dokumentieren.
Allerdings besteht die Dokumentationspflicht laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nur für geringfügig Beschäftigte (Minijobber im privaten Bereich sind davon ausgenommen) und die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz genannten Wirtschaftsbereiche, da hier eine höhere Gefahr für Verstöße besteht. Dazu zählen z.B. das Baugewerbe, Herbergen und Gaststätten, der Speditions-, Transport und Logistikbereich sowie Unternehmen der Forstwirtschaft, der Gebäudereinigung, im Messebau und in der Fleischwirtschaft. Auch Zeitungszusteller:innen und Beschäftigte bei Paketdiensten müssen regelmäßig ihre Arbeitszeit aufzeichnen.
Eine entsprechende Dokumentationspflicht aufgrund des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes besteht in Wirtschaftsbereichen, in denen ein Tarifvertrag nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz allgemein verbindlich ist.
Folgendes muss der Arbeitgeber auf einem Zettel oder Vordruck für jeden Arbeitstag notieren: den Arbeitszeitbeginn, das Arbeitszeitende (ebenfalls für jeden Arbeitstag) sowie die tägliche Arbeitszeitdauer. Pausen müssen herausgerechnet werden, da sie nicht zur Arbeitszeit zählen. Folglich müssen auch die konkrete Dauer und Lage der Pausen nicht aufgezeichnet werden.
Was ist die sogenannte Auftraggeberhaftung?
Die Auftraggeberhaftung besagt, dass ein:e Unternehmer:in dafür haftet, wenn das von ihm oder ihr beauftragte Nachunternehmen oder dessen Nachunternehmen die Mindestarbeitsbedingungen nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG), dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) nicht gewährt.
Die in § 13 MiLoG verankerte unmittelbare Haftung des Auftraggebers von Werk- bzw. Dienstleistungen sorgt für die Zahlung des Mindestlohns gegenüber den Arbeitnehmern, die wiederum der Auftragnehmer zur Erbringung der vereinbarten Leistung einsetzt. Große Haftungsrisiken können auch für Unternehmen entstehen, die selbst gesetzeskonforme Löhne über dem vorgeschriebenen Mindestlohnniveau zahlen. Denn diese haften nicht nur den eigenen Arbeitnehmer:innen gegenüber für die Einhaltung des Mindestlohns, sondern in gewissen Grenzen auch für die Arbeitnehmer:innen der von ihnen beauftragten Subunternehmen.
Privatpersonen sind von der Auftraggeberhaftung ausgenommen.
Was passiert, wenn ich gegen das Mindestlohngesetz verstoße?
Wer als Arbeitgeber betrügt, muss mit einer Strafe rechnen. Dabei sind Verstöße gegen die Pflicht, den Mindestlohn zu zahlen, zunächst ausschließlich eine Ordnungswidrigkeit. Nach § 36 des Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) wird ein Bußgeld fällig. Bei der Höhe der Geldbuße kommt es immer auf den Einzelfall an, da der wirtschaftliche Vorteil, der Grad der Vorwerfbarkeit und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen eine Rolle spielen. Nach dem Gesetz kann diese Geldbuße bis zu 500.000 Euro betragen. Wer die Arbeitszeiten als Arbeitgeber:in nicht ordentlich dokumentiert, kann zudem mit bis zu 30.000 Euro bestraft werden. Außerdem kann das Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
05Vorteile und Nachteile des Mindestlohns
Was hat der Mindestlohn bisher gebracht?
Der Mindestlohn sichert der arbeitenden Bevölkerung das Existenzminimum, die Einkommensverteilung wird gerechter und die Sozialkassen entlastet. Sieht man sich den Mindestlohn 2015 und heute an, kam es zu einer signifikanten Steigerung, durch die auch die Kaufkraft sowie die deutsche Wirtschaftsleistung gesteigert wurde.
Was sind die Vorteile des Mindestlohns?
- Kosten wie Wohnen, Kleidung,Strom, Versicherung sowie angemessene gesellschaftliche und kulturelleTeilnahme können gedeckt werden (je nach Arbeitszeit und letztendlichem Lohnversteht sich).
- Der Niedriglohnsektor wird gestärkt und Arbeitnehmer:innen werden immer weniger ausgebeutet beziehungsweise schlicht mehr wertgeschätzt.
- Der Mindestlohn verbessert auch die Einkommensverteilung.
- Ein angemessener Mindestlohn macht Dumpingpreise schwerer durchsetzbar und schafft gleiche sowie faire Wettbewerbsbedingungen.
- Ein Mindestlohnsatz fördert reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen und entlastet damit den Staatshaushalt – allerdings ist er etwa für Langzeitarbeitslose kein Anreiz, wieder ins Berufsleben einzusteigen, weil diese in den ersten Monaten noch keinen Mindestlohn erhalten.
- Von einem heute gezahlten Mindestlohn hängt auch die spätere Rente ab. Ein erhöhter Mindestlohn ist also ein weiteres Instrument, um gegen die bei vielen Menschen drohende Altersarmut zu kämpfen. Sollte es ferner zu einer erneut schlimmeren Pandemie-Entwicklung kommen, hängt auch das Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld eng mit dem Mindestlohn zusammen und ist höher.
Was sind die Nachteile des Mindestlohns? Warum wird die Erhöhung des Mindestlohns auf 12 € oft kritisiert?
Manche Stimmen aus der Wirtschaft sehen hauptsächlich Nachteile im Mindestlohn. Sie lehnen das Modell der Bundesregierung ab – mit dem Argument, es würde Arbeitsplätze kosten. Weder die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns noch die Branchenmindestlöhne haben bisher allerdings nachweislich im großen Stil Arbeitsplätze gekostet. Dafür können Millionen von Beschäftigten im Niedriglohnsektor seit der Einführung 2015 besser von ihrem Lohn leben. Der „Nachteil“ erweist sich also als ungerechtfertigt.
Trotzdem stellt der Mindestlohn Unternehmenvor wirtschaftliche Herausforderungen: Die Personalkosten steigen, wasentweder auf Kosten des Gewinns aufgefangen oder durch Preisanpassungen aufKosten der Kundenzufriedenheit kompensiert werden muss. Ein weiteres Argumentgegen den Mindestlohn lautet, dass sich ein höherer Mindestlohn auch auf alleanderen Gehälter auswirkt Natürlich ist es für Unternehmen erst einmal ärgerlich,wenn sie ihren Mitarbeitenden flächendeckend mehr zahlen müssen. Doch gutund smart wirtschaftende Unternehmen haben auch dahingehend die Nase vorn undkönnen es sich leisten. Außerdem können sie Preissteigerungen vornehmen, diedann zwar höhere Verbraucherpreise nach sich ziehen, jedoch nicht eins zu einshöhere.
06Der Mindestlohn in anderen Ländern
Gibt es auch in anderen Ländern Mindestlöhne?
In vielen Ländern weltweit gibt es eine Lohnuntergrenze. Dazu zählen unter anderem die USA, Kanada, Neuseeland, Australien, Japan, Korea, Argentinien, Brasilien und die Türkei.
In den Vereinigten Staaten beträgt der Mindestlohn derzeit 7,25 Dollar in der Stunde, wobei es in vereinzelten Bundesstaaten höhere Löhne gibt. So will der Bundesstaat New York beispielsweise eine stufenweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Dollar einführen.
In der EU gibt es fast überall festgelegte Mindestlöhne. Ausnahmen sind die Mitgliedsstaaten Österreich, Italien, Finnland, Dänemark, Schweden und Zypern – hier gibt es keinen Mindestlohn.
Wie sieht unser Mindestlohn im Vergleich zu anderen europäischen Ländern aus?
Die Mindestlöhne in der EU liegen zwischen 2,00 Euro in Bulgarien und 12,73 Euro in Luxemburg (Stand: WSI-Mindestlohnbericht 2021). Sobald unser Mindestlohn bei 12,00 Euro liegt, gehört Deutschland zu den EU-Ländern mit den höchsten Mindestlöhnen pro Stunde.
Hat die Schweiz einen gesetzlichen Mindestlohn?
Einen allgemeinen, flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn müssen Unternehmen in der Schweiz nicht zahlen. In fünf Kantonen gibt es inzwischen aber eine Lohnuntergrenze: Basel-Stadt, Genf, Jura, Neuenburg und Tessin. Hier liegen die Mindestlöhne, abhängig vom Kanton, zwischen 19 und 23 Franken.